Die Geschichte der PfadfinderInnenbewegung

Die PfadfinderInnenbewegung begann als Idee eines englischen Generals, Sir Robert Baden-Powell (B.P.).

Doch bevor wir die Entwicklung der weltweiten PfadfinderInnenbewegung darstellen, erscheint es wichtig, einige Worte über ihren Gründer zu verlieren. Was bewog ihn zur Gründung der PfadfinderInnenbewegung; ist seine Geschichte die Geschichte der PfadfinderInnenbewegung?

Robert Baden-Powell - Sein Leben

B.P. wurde am 22. Februar 1857 in London geboren. Sein Vater, der Pfarrer und Professor in Oxford war, starb als B.P. drei Jahre alt war. Er ließ seine Frau mit zehn Kindern zurück. Ihr Vater war Admiral W. Smyth ein berühmter Kartograph und Astronom der sich bis zu seinem Tod ganz speziell des jungen B.P. annahm.

B.P. war nicht als glänzender dafür aber als aufgeweckter Schüler bekannt. Während der Schulzeit schlich sich B.P. oft in ein nahes bewaldetes Gebiet und eignete sich selbst ein profundes Wissen über die „Wissenschaft des Waldes“ an, das in seinem späteren Leben so sehr Teil seines Talentes wurde.

Im Alter von 19 Jahren sollte B.P. nach der Familientradition eigentlich in die Universität Oxford eintreten doch stattdessen bekam er die Möglichkeit, die Aufnahmeprüfung der Armee abzulegen. Er wurde fünfter von 717 Kandidaten was ihn direkt in die Armee brachte. In der Armee wuchs sein Ruf, seine Feinde nannten ihn „Impeesa“ ( = der Wolf, der niemals schläft). Dieser Name war das Ergebnis von vielen nächtlichen Erkundungstrips, die er bis an den Rand des feindlichen Lagers machte.

Am Anfang seiner Armeezeit schrieb er ein Buch für Soldaten über Fährtenlesen, Anschleichen und das Leben im Freien. Er nannte es „Aids to Scouting“ (Hilfe zur Pfadfinderei). Als B.P. das Buch schrieb ahnte er nicht, was aus diesen Gedanken ein paar Jahre später entstehen sollte.

Der Beginn einer weltweiten Bewegung

Baden-Powells Ruhm brachte viele Jungen dazu, sein Buch zu lesen, das er für Soldaten geschrieben hatte. Das aber beunruhigte ihn. Er war überzeugt, dass Jungen Bücher für Jungen lesen sollten und nicht für Soldaten. Deshalb beschloss er, sein Buch „ Hilfen zur Pfadfinderei“ umzuschreiben. Im Jahr 1907, bevor er seine Pfadfinder-Idee groß veröffentlichte, beschloss er sie erst einmal auszuprobieren. So begab er sich  im Sommer mit 22 Jungen aus allen Bevölkerungsschichten zu seinem ersten Zeltlager auf die Insel Brownsea. Das Lager war ein voller Erfolg und so konnte B.P´s Buch „Scouting for Boys“ (Pfadfinden für Jungen) veröffentlicht werden.

Von diesem Zeitpunkt an war die stürmische Entwicklung der Pfadfinderbewegung nicht mehr aufzuhalten. Überall schossen Pfadfindergruppen aus dem Boden und sein Buch wurde auf der ganzen Welt gelesen.

1912 traf der 54jährige B.P. seine zukünftige Frau, die 23-jährige Olave St. Clair Soames. Olave glaubte begeistert an den Sinn der Pfadfinderbewegung und ihre positiven Auswirkungen auf das Leben von Jungen- und Mädchen.

Der Beginn der Pfadfinderinnenbewegung

In den Jahren 1904 bis 1909 waren es nicht nur die Jungen, die mit Begeisterung das große Pfadfinderspiel begannen. Auch ihre Schwestern versuchten sich im Spähen, Zelten und Klettern. Sie suchten sich Erwachsene, die bereit waren, ihre Truppe zu führen und nannten ihre Gruppen: Wölfe, Füchse, Mader, etc..

Mädchen mit Rucksäcken und Stöcken unterwegs zum Zelten waren ein revolutionärer und aufregender Anblick. Aber trotz großer gesellschaftlicher Ablehnung fanden sich überall Mädchen zusammen, die Pfadfinderinnen werden wollten.

Am 04.September 1909  kam es zu einem erstaunlichen Ereignis:
Ein Trupp selbsterklärter Pfadfinderinnen (Girl Scouts) aus Dorset erscheint völlig unerwartet und uneingeladen im Crystal Palace Rally in London bei einem Treffen der Boy-Scouts und marschiert einfach hinter einer Jungengruppe her, als gehörten sie dazu. 11.000 Pfadfinder waren nicht wenig überrascht und teilten ihren Schock B.P. mit. Und auch er traute seinen Augen nicht.

 „ Wer seid ihr?“
„Wir sind Girl Scouts!“
„Den Teufel seid ihr!“
So könnte der Dialog zwischen B.P. und den Mädchen gelautet haben. Er ließ sich trotz seines Entsetzen auf Diskussionen mit den Mädchen ein.
War es der einbrechende Regen oder sogar die Mädchen selbst, die B.P. dazu brachten zu sagen „Well, I´m thinking about it.“ Er lud die Mädchen ein bei der Parade hinter den Boy Scouts herein zu marschieren. Sybil C., eine Zeitzeugin, sagte dazu: „We knew we won!”

Trotz vieler Bedenken und dem ersten Entsetzen der Öffentlichkeit wurde 1910 die Girl Guides Association unter der Leitung von Agnes Baden Powell (B.P.s Schwester) gegründet.

 Der Name Girl Guides und nicht Girl Scouts wurde deshalb gewählt weil „Scouts“ für Männer stand, die Abenteuer suchten und die Wege durch fremde Länder für sich selbst und andere fanden. „Guides“ hingegen waren Schweizer Bergführer, die bereit waren ihr Leben einzusetzen, sie waren ruhig und zuverlässig und packten nicht nur schwierige Aufgaben an, sondern sollten anderen helfen, Schwierigkeiten zu bewältigen.

Agnes wurde die erste Präsidentin der Girl Guides, schon in den ersten 10 Jahren waren rund 8000 Mädchen Mitglieder in dieser Vereinigung.
„Agnes schrieb zwei Hefte, die als Grundlage dienen sollten, ein Guides-Programm aufzubauen. Anstelle von Brückenbau- und Pionierspezialabzeichen sollten solche für Haus-, Pflege- und Handarbeit treten. Als Namen für die Patrouillen wurden Rosen, Lilien und anderen Blumen vorgeschlagen. Die Mädchen aber waren von dieser Änderung gar nicht begeistert. Auch die Erklärung des Chiefs, es sei einer Frau nicht würdig, einfach die Männer zu kopieren, sie bräuchte ihren eigenen Lebensstil und dieser Stil sei der der „Guides“ und nicht der der „Scouts“, tröstet sie nicht. Warum sollten sie sich nicht mehr Eulen oder Füchse nennen dürfen? Blumen waren schon deshalb langweilig, weil sie stumm sind und man keinen Patrouillenschrei von Ihnen übernehmen konnte, wie von Füchsen oder Eulen.“

Die Pfadfinderinnen waren sehr verärgert. Niemand hatte Interesse daran, sich in eine Schublade stecken zu lassen: Frauen als Helferinnen, Männer als Abenteurer- das konnten sie nicht akzeptieren und so bestand die Gefahr, dass die Pfadfinderinnenarbeit kaum angefangen, fast wieder ihr Ende gefunden hätte, oder in andere Frauenorganisationen übergegangen wäre.

Es war der Kriegsausbruch (1914-1918) der zunächst half, diese Krise zu überwinden. Die Pfadfinderinnen machten sich in vielen Bereichen nützlich und gewannen damit mehr und mehr Ansehen und Zustimmung in der Öffentlichkeit.

Die entscheidende Wendung aber begann mit der intensiven Mitarbeit von Lady Olave Baden-Powell, geb. Soames.

Wie hatte Olave zur Pfadfinderinnenbewegung gefunden?

Olave kam 1912, auf dem Schiff Arcadian nach New York: Die 23jährige Olave ist der feinen Londoner Gesellschaft wieder einmal überdrüssig geworden. Auch Robert Baden-Powell befand sich auf dem Weg nach New York, um dort ein neues Hauptquartier für die Pfadfinder zu gründen. Wie Olave später schrieb, traf sie die Anwesenheit von Robert „wie eine Bombe gänzlich neuer Art mitten ins Herz“. Durch ihn fühlte sie sich plötzlich in ihrer „Persönlichkeit zum Leben erweckt“. Der in die Jahre gekommene kauzige Pfadfinder und das unerfahrene Mädchen sind monatelang willkommener Stoff in der englischen Presse.

Die Hochzeitsreise ein knappes Jahr später geht nach Afrika. In der Sahara, ausgerüstet mit Zelt und Kochgeschirr, lernt Olave das abenteuerliche Pfadfinderleben kennen und ist endgültig von der Idee des „Scouting“ begeistert. So oft wie möglich begleitet sie Robert auf seinen Reisen, auch mit den drei kleinen Kindern, die im Abstand von je zwei Jahren geboren werden.

Im Jahr 1914 bot sie dem Commitee der Pfadfinderinnen ihre Hilfe an. Zunächst wurde diese abgelehnt. Sie schrieb in ihr Tagebuch: „Man zieht vor, die Arbeit ohne mich zu tun!“ Sie war nicht traurig darüber, ihre Liebe gehörte ja den „Scouts“.

Eines Tages aber wurde Olave von einem Commitee-Mitglied gebeten, in der Grafschaft Sussex einiges auf die Beine zu stellen und ein Modell für den Aufbau in anderen Grafschaften zu zeigen.

1916 wurde sie einstimmig zur obersten Führerin (Chief Commissoner) gewählt, im gleichen Jahr schrieb B.P. Das Buch „Girl Guiding“.

Olave hatte endlich ihre Aufgabe gefunden: die Organisation von Frauen und Mädchen in Pfadfinderinnengruppen. Als Kämpferin für die Frauenemanzipation hat sie sich nie gesehen. Aber sie hatte am eigenen Leib erfahren, wie eingeschränkt das gesellschaftlich anerkannte Lebenskonzept für Mädchen und Frauen damals aussah: Handarbeiten, malen, musizieren und warten auf den Mann. Deshalb begrüßte sie das Streben der Frauen nach selbstständigem Handeln und die Entwicklung außerhäuslicher Fähigkeiten.

Als Führerin der englischen Pfadfinderinnen reist Olave um die Welt und baut neue Gruppen auf.

1930 wird sie zur Weltführerin der Pfadfinderinnen gewählt, der World Association of Girl Guides and Girl Scouts (WAGGGS).

Für ihre Verdienste um die Erziehung junger Mädchen bekommt Olave 1932 das Großkreuz des baltischen Empire verliehen. Die Pfadfinderinnenbewegung wird hoffähig. Auch Königin  Elisabeth II hat zusammen mit ihrer Schwester als junges Mädchen die Fährtensuche und das Kochen am offenen Feuer gelernt.

1933 empfängt Papst Pius XI Olave zu einer Audienz und macht sich mit den Ideen der weiblichen Pfadfinder vertraut.

Nach Roberts Tod 1941 versteht sie sich als Botschafterin für die gesamte PfadfinderInnenbewegung. Sie will auch das Werk ihres Mannes fortsetzen. Die nächsten 30 Jahre ist sie fast ständig unterwegs. Oft sind ihre Fahrten mühselig, wie in Indien oder Afrika, wenn sie tagelang durch den Busch oder die Sümpfe reist, um Alphabetisierungskampangnen zu unterstützen oder Hilfe für hungernde Kinder zu organisieren. Sie unterstützt die Zusammenarbeit mit Unterorganisationen der Vereinten Nationen, wie der UNICEF und der UNESCO.

In den 70er Jahren muss Olave aus gesundheitlichen Gründen kürzer treten und schränkt ihr reisen ein.
Am Schreibtisch setzt sie ihre Arbeit fort, hält in Briefen Kontakt zu Mädchen und Jungen in aller Welt. Als sie am 25. Juni 1977 stirbt, läuten die Glocken von Westminister Abbey; eine Ehre, die auch berühmten Frauen nur selten zu teil wird.    

Die Geschichte der PSG

Die Pfadfinderinnenschaft St. Georg (PSG) wurde 1947 als Verband katholischer Pfadfinderinnen für die amerikanische Besatzungszone gegründet. Sie hatte drei Wurzeln:

  1. Das Anknüpfen an die Tradition des Bundes Katholischer Pfadfinderinnen der 1931 im Saarland, der Pfalz und in Nordbaden gegründet worden war und 1935 währen des Nationalsozialismus verboten wurde, sowie an die Hildegardispfadfinderinnen aus dem Aachener Raum. Die Töchter der Mitglieder dieser Bünde wollten einfach wieder damit anfangen, womit ihre Mütter angefangen hatten.
  2. Die Eigeninitiative von Mädchen und jungen Frauen, die in Schul- und Mädchenbüchern von Pfadfinderinnen- vor allem in England und den USA- gelesen hatten oder deren Brüder sich in der DPSG neu organisierten (…).
  3. Die Bemühungen der Vertreterinnen des Weltbundes in der amerikanischen und britischen Besatzungszone, den Boden für eine pfadfinderische Arbeit mit Mädchen zu bereiten.

 Der Gründung der PSG im Jahre 1947 in München ging voraus, dass es bereits eine größere Anzahl von örtlichen Gruppen und Stämmen in allen drei Besatzungszonen gab. Ihnen fehlte allerdings zumeist die Anerkennung und somit die Lizenz durch die jeweiligen Militärregierungen. In Bayern waren  jedoch sehr früh sehr viele Gruppen anerkannt und konnten sich zusammentun. Im selben Jahr folgte die Einladung des Weltbundes nach Rüdesheim zu einem Camp, an dem sowohl ausländische Pfadfinderinnen, wie auch Vertreterinnen anderer deutscher Pfadfinderbünde teilnahmen. Erste offizielle Kontakte zum Weltverband (WAGGGS) und seinen Mitgliedern wurden geknüpft.

 Als sich die PSG 1947 gründet, waren Vertreterinnen aus drei westlichen Zonen und aus Berlin beteiligt. Eine allgemeine Anerkennung des Verbandes gab es zunächst nur für die amerikanische Besatzungszone, dann aber auch für die britische und zuletzt für die französische Besatzungszone.

Am 15. Juni 1947 fand das erste Bundesthing statt, der Vorläufer der heutigen Bundesversammlung. Dort wurde eine erste Satzung verabschiedet und eine erste Bundesordnung entworfen. Sitz des Verbandes war zunächst die Pfarrei St. Bonifaz in München.

Mit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland 1949 und der Anerkennung der PSG als bundesweiten Jugendverband, war die erste Phase des Verbandes abgeschlossen. Es gab erste Grundwerte und -ausrichtungen. Eine Basis für eine gemeinsame, bundesweite Arbeit war geschaffen.

Bis heute hat sich viel in der PSG getan und wird sich auch weiter tun!!

 

Aus: Schlag nach. Handbuch für Gruppenleiterinnen in der PSG, Bundesleitung der Pfadfinderinnenschaft St. Georg (Hrsg.), 2001